Annette Lampen – Ein Familienbetrieb

Mein Vater, Leopold Lampen, wurde am 24. März 1920, in der Molkerei seines Vaters in Freckenhorst geboren. Er machte zunächst eine Ausbildung als Uhrmacher und direkt anschließend als Augenoptiker, arbeitete in verschiedenen Betrieben, unter anderem in Freckenhorst und Menden und nahm als Soldat am 2. Weltkrieg teil.

Firmengründer Leopold (Leo) Lampen
Firmengründer Leopold Lampen, genannt Leo (1920 – 2008)

Am 3. November 1948 hat er vor dem Prüfungsausschuss der Handwerkskammer Arnsberg die Meisterprüfung im Uhrmacher-Handwerk und am 26. Oktober 1952 im Augenoptiker-Handwerk bestanden.

Leopold Lampen Meisterprüfungen zum Augenoptiker und Uhrmacher

Leopold Lampen Meisterprüfungen zum Augenoptiker und Uhrmacher

Am 15. März 1952 gründete er den Familienbetrieb Leopold Lampen Uhren – Schmuck – Optik in Ennigerloh an der Elmstraße 4. Das Haus musste später der Straße am Krankenhaus weichen. Es stand neben dem ehemaligen Café Schmidt bzw. „Giselas Gaumenfreuden“.

15. März 1952: Gründung des Fachgeschäftes für Uhren – Schmuck – Optik durch Leopold Lampen an der Elmstr. 4

Bald baute Leopold Lampen sein eigenes Wohn- und Geschäftshaus an der Alleestraße 11a, wo sich unser Geschäft immer noch befindet. Der Umzug erfolgte zum Mettwurstmarkt 1955.

Firmengeschichte Geschäft Alleestraße 1955

Seit ihrer Heirat im Jahr 1956 stand meine Mutter Irmgard meinem Vater bei der Geschäftsführung zur Seite und war vor allem für den Bereich Echtschmuck zuständig. Standard waren damals Gold-Legierungen von 585/ und 750/1000 (14 bzw. 18 Karat) sowie Brillanten und Edelsteine.

Leo und Irmgard Lampen

Leo und Irmgard Lampen

Hochwertiger Schmuck und Uhren waren das Hauptgeschäft. Als Uhrmacher war Leo Lampen Fachmann für diffizile Präzisionsarbeiten und damit seinerzeit prädestiniert, Gläser passgenau in Brillenfassungen einzuschleifen. Dazu wurden die Gläser damals noch sehr zeitaufwändig und mühsam mit einer Zange gebröckelt, bevor sie am Handschleifstein geschliffen wurden.

Im Laufe der Jahrzehnte wurden so manche Uhrmacher-, Schmuckverkäuferinnen- und Augenoptiker-Lehrlinge ausgebildet, die in den Anfangsjahren noch in die Familie aufgenommen wurden und im Haushalt lebten – ein echter Familienbetrieb halt. Den Anfang machte der Uhrmacher Heinz Ridder, der ab dem 1.1.1955 eine Ausbildung als Augenoptiker begann.

Als Gesundheitshandwerker trug man seinerzeit einen weißen Kittel, denn man fertigte eine medizinische Sehhilfe. Seinerzeit war hierfür noch eine unabdingbare Voraussetzung, dass ein Augenarzt eine medizinische Verordnung für die Anfertigung einer Brille ausstellte, was sich erst 1973 durch das sog. Refraktionsurteil grundlegend änderte. Das Recht zur Refraktion (Sehschärfenbestimmung) musste bis dahin erst jahrelang von den Augenoptikern erstritten werden.

1973 musste das Bundessozialgerichtes die Frage beantworten, ob bei der Verordnung einer Zweitbrille nur durch die Augenoptikerin – ohne das Mitwirken eines Ophthalmologen – die Kosten von den Krankenkassen übernommen würden. Durch das Refraktionsurteil des Bundessozialgerichtes vom Herbst 1973 wurde ein für alle mal verbrieft, dass die Sehschärfenbestimmung mittels eines physikalischen Messverfahrens eine handwerkliche Leistung des  Augenoptikermeisters ist, die über die Krankenkassen abgerechnet werden konnte.

Seitdem gibt es eine klare Aufgabenteilung: Der Augenarzt ist zuständig für alle Augenerkrankungen seiner Patienten und der Augenoptiker ist der Fachmann für die Verbesserung der Sehleistung seiner Kunden.

Das Standardprodukt war seinerzeit die „Kassenbrille“. Das war die Brille, die von der Krankenkasse vollständig bezahlt wurde. Für die meisten Menschen war es damals selbstverständlich, diese Brille zu tragen, weil das ja die „medizinische Sehhilfe“ war, die ihre Krankenkasse auf Verordnung des Augenarztes für die Richtige erachtete.

Erst 2003 wurde die Brille aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen gestrichen. Damit entfiel diese Zuzahlung, die mittlerweile auf 20,- € für eine Brillenfassung geschrumpft war, und mithin die Notwendigkeit, sich eine Brille von einem Augenarzt verschreiben lassen zu müssen, wenn man seine Brille nicht komplett selbst bezahlen möchte. Hiervon ausgenommen waren immer Kinder und Jugendliche und vor ein paar Jahren wurden auch wieder Ausnahmeregelungen erlassen, wonach Menschen mit sehr hoher Fehlsichtigkeit Zuschüsse zur Grundversorgung erhalten. Wir informieren Sie selbstverständlich im Rahmen unserer Sehberatung, sobald es Zuschussmöglichkeiten für Sie gibt.

2003 markiert somit einen wirklichen Wendepunkt. Nachdem 30 Jahre zuvor formaljuristisch den Augenoptikern das Recht zur Sehschärfenbestimmung zugesprochen worden war, so wurde es erst durch die gestrichene Kostenerstattungsmöglichkeit massenhaft umgesetzt. Sehr positiv hat sich verändert, dass man grundsätzlich nicht mehr erst monatelang auf einen Termin beim Augenarzt warten muss, sondern direkt zu uns als Augenoptiker kommen kann, sobald man eine neue Brille haben möchte, und sei es nur aus modischen Gründen. Da wir spezialisiert sind auf die Verbesserung Ihrer Sehleistung, können Sie nun viel genauere Messmethoden und absolut präzise Brillengläser und Kontaktlinsen erwarten.

Leopold Lampen - Ennigerloh

Damals war das Sortiment viel breiter gefächert. So wurden im Juwelierbereich neben Uhren und Schmuck auch Gold- und Silberwaren, wie z. B. Bestecke verkauft. Ein Optiker bot neben Brillen auch noch Wetterstationen, Thermometer und Mikroskope an.

Brillenputztuch von Uhrmacher- und Augenoptikermeister Leopold Lampen

Leopold Lampen war aber vor allem mit Leib und Seele Uhrmacher und hielt sich auch nach der Geschäftsübergabe am liebsten in seiner Uhrmacherwerkstatt auf, wo er seine Vorliebe für diffizile Präzisionsarbeit umsetzen konnte. Dementsprechend war und ist ein Markenzeichen der Firma Lampen die gute Handwerksqualität. In den über drei Jahrzehnten unter der Führung von Leo und Irmgard Lampen war der Uhren-, Juwelier- und Augenoptikbetrieb sehr erfolgreich und hat in Ennigerloh und der Umgebung seinen guten Ruf begründet.

Erinnerung an Firmengründer Leo Lampen

Erinnerung an Firmengründer Leo Lampen in unserem Schaufenster

1989 haben meine Eltern die Fortführung des Geschäftes in meine Hände gelegt. Ich habe seitdem sehr viel am äußeren Erscheinungsbild des Geschäftes, an der strategischen Ausrichtung sowie am Warensortiment geändert.

Das Ladenlokal bis zum Komplettumbau 2017 Annette Lampen Juwelier und Augenoptik

Die augenoptische Branche hat sich in dieser Zeit stark gewandelt: Die Brille ist keine Kassenleistung mehr, nicht mehr der Augenarzt verschreibt eine Brille, sondern der Augenoptiker passt die Brille gem. der selbst gemessenen Refraktionswerte an die individuellen Bedürfnisse an. Die Brille ist von der medizinischen Sehhilfe zu einem modischen Accessoire geworden.

Diese positive Entwicklung ist in den letzten Jahren jedoch immer mehr aus dem Ruder gelaufen. Denn die Brille wird unter dem Wettbewerbsdruck durch Filialisten und Internethandel größtenteils als modische Handelsware gesehen, die scheinbar überall gekauft werden kann. Kaufentscheidend ist gem. des geänderten Kaufverhaltens immer mehr allein der Preis. Vernachlässigt wird die eigentliche Funktion der Brille, die Fehlsichtigkeit ausgleichen und den Kunden zu einem optimalen Sehen verhelfen soll. Das gerät beim Massengeschäft in den Hintergrund, weil für eine ausführliche, qualifizierte Beratung der Kunden keine Zeit ist.

Verstärkt wurden diese Trends durch den Internet-Handel: Der Gesetzgeber musste dem Verfall der Qualität Einhalt gebieten, indem im Internet verkaufte Gleitsichtbrillen mit einem Warnhinweis versehen werden müssen, dass Gleitsichtbrillen im Straßenverkehr gefährlich sein können, weil keine individuellen Parameter verwendet werden. Vgl. Zentralverband der Augenoptiker: https://www.zva.de/positionspapier-zum-online-brillenhandel

Dem stellt sich Annette Lampen vehement entgegen, indem sie die traditionellen Werte des Augenoptikers hochhält und die Qualitätsansprüche weiter ausbaut. Unseren Anspruch haben wir mit dem Begriff des Premium-Augenoptikers Ausdruck verleihen wollen. Wer wenn nicht wir als traditioneller Augenoptiker sollte die tollen technologischen Entwicklungen seinen Kunden zugänglich machen?

Annette Lampen ist den Wandel beherzt angegangen, indem sie auf Hightech-Ausstattung ihres Rodenstock-Sehzentrums setzt, um ein Optimum an Sehqualität mit den innovativen biometrischen Gläsern herstellen zu können. Dafür hat sie alte Zöpfe abgeschnitten, wenn diese dem Kunden keinen Vorteil mehr brachten. So müssen heutzutage die Brillengläser nicht mehr zeitaufwändig selbst geschliffen werden. Der Erfolg gibt ihrem innovativen Konzept Recht.

Auch die Schmuck- und Uhrenbranche hat sich seither grundlegend verändert: Die Zeit der mechanischen Uhren war abgelaufen. Seitdem dominieren Quarzuhren den Markt. Hochwertiger Goldschmuck wurde zum großen Teil durch Silberschmuck von Lifestyle-Marken verdrängt.

In allen Bereichen ging mithin die Bedeutung der Werkstatt zurück, weil viele Waren zu Wegwerfprodukten und Reparaturen aus verschiedenen Gründen viel seltener nachgefragt werden. Annette Lampen und ihr Team stellen in ihren Werkstätten für Brillen, Schmuck und Uhren tagtäglich unter Beweis, dass sie ihr Handwerk beherrschen. Im Unterschied zur Gründerzeit dominiert aber nicht mehr die Werkstattarbeit, sondern erfolgreiche Augenoptiker und Juweliere müssen überdies Fachleute für gutes Sehen und Aussehen, Kaufleute, Stilberater, Marketingspezialisten und Trendscouts sein.

Eins hat sich jedoch nie geändert und soll von mir im Sinne meiner Eltern fortgeführt werden: Die traditionellen Werte, wie gute Handwerksqualität, Präzisionsarbeit, die guten Sitten eines ehrbaren Kaufmanns und die innere Einstellung gegenüber unseren Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Kunden, denen wir stets mit Verlässlichkeit, Ehrlichkeit und Empathie begegnen wollen.

Vom ersten Tag an musste ich flexibel auf sich ständig ändernde Anforderungen des Marktes und der Kundenwünsche reagieren und habe mich dabei erfolgreich der Konkurrenz von Filialisten und Internet gestellt. Unterstützt werde ich dabei im Tagesgeschäft von meinen Angestellten und seit 2008 durch meinen Ehemann, mit dem ich mich kongenial ergänze, denn er bringt seine vielfältigen Erfahrungen als Lehrer und Praktiker aus verschiedenen Wirtschaftsbereichen ein. Um immer am Puls der Zeit zu sein, sind wir im ständigen fachlichen Austausch mit Kollegen auf Kongressen und bei Fortbildungen und holen durch regelmäßige Besuche von Optik-, Schmuck- und Uhrenmessen immer wieder neue Trends und Marken in die Drubbelstadt.

Seit 2017 steht die 3. Generation in den Startlöchern: Vom 01.08.2017 bis zum 20.05.2020 absolvierte unsere Tochter Franziska ihre Ausbildung im elterlichen Betrieb und ist seit dem 21.05.2020 als Augenoptikergesellin im Geschäft tätig.

Franziska Lampen Berufsschulzeugnis

Franziska Lampen hat Ihre Ausbildung zur Augenoptikerin mit Bravour absolviert. Am 20.5.2020 zeigt sie stolz ihr Berufsschulzeugnis mit einem Notenschnitt von 1,3. Besonders bemerkenswert: In allen fachbezogenen Fächern ein „sehr gut“. Mit nur „gut“ in Religion und Sport kann man leben. 😉

An ihr wird exemplarisch deutlich, was eigentlich einen über Generationen hinweg geführten Familienbetrieb von jeder anderen Firma unterscheidet: Wie man so schön sagt, wurde Franziska in das Geschäft hineingeboren und darin sozialisiert, denn Familie und Betrieb bilden eine Einheit.

3 Generationen des Familienbetriebes Lampen in Ennigerloh

Drei Generationen des Familienbetriebes Lampen in Ennigerloh: Irmgard, Annette mit Helmut Schäfer-Lampen und Franziska Lampen. Das Foto entstand anlässlich des 40-jährigen Jubiläums von Petra Schlieper am 1.8.2013, die 1973 von Leopold Lampen zur Schmuckfachverkäuferin ausgebildet und bis zu ihrer Rente 2019 von Annette Lampen weiterbeschäftigt wurde. Sie gehörte noch quasi zur Familie und man nahm wechselseitig am Leben der Anderen teil. Andere Uhrmacher-Lehrlinge wohnten seinerzeit sogar noch im Haushalt des Firmengründers und nahmen am Familienleben teil.

Für Franziska blieben die augenoptischen Ausbildungsinhalte nicht abstrakt, sondern konnten von Anfang an in eine betriebliche Praxis eingeordnet werden,  denn Franziska hat von Kindesbeinen an alles rund um das Geschäft im Familienalltag miterlebt, der stark durch das Geschäft geprägt ist. So ergaben sich auch viele Teilnahmen an Innungsversammlungen, Schulungen, Messen, Betriebsbesichtigungen, Vertreterbesuchen, Praktika bei div. Lieferanten u. v. a. m. Unser Familienleben und unser Geschäft sind nicht voneinander zu trennen. Der Betrieb ist wirklich unser Leben. Wir lieben und leben unseren Beruf.

Über die Augenoptik hinaus ist Franziska von Anfang an genauso beim Schmuck-, Uhren- und Trauringgeschäft eingebunden. Schon lange ist sie für uns eine starke Stütze beim Marketing.

Weil unser Betrieb inhabergeführt ist – und das über drei Generationen – ist er per definitionem ein Familienbetrieb. Obwohl Familienbetriebe weltweit die häufigste Betriebsform sind, ist diese juristisch gar nicht relevant. Das erinnert an die Vernachlässigung der Hausarbeit, deren Bedeutung für die Volkswirtschaft mindestens genauso wichtig ist wie die Erwerbsarbeit. Aber Hausarbeit und Wirtschaftsleistung von Familienbetrieben bleiben als solches in offiziellen Statistiken unsichtbar, weil nur die Kategorien Erwerbsarbeit und Unternehmenstätigkeit zählen. Und über deren spezifische Bedeutung wird gar nicht viel nachgedacht. Ich habe jedoch den Eindruck, dass Jahrzehnte alte Familienbetriebe viel resilienter sind – wie man das heutzutage nennt – und dass solche Betriebe sich stärker in Ennigerloh behaupten als Filialbetriebe, die ständig kommen und gehen.

Gerade dieses Konstrukt Familienbetrieb veranschaulicht den Wesenskern unserer speziellen Art der Betriebsführung und unsere Firmenphilosophie. Denn unsere Unternehmensführung ist wie die vieler inhabergeführte Betriebe werteorientiert, weil es nicht ausschließlich um geschäftliches Handeln geht, sondern immer auch um familiäres, soziales. Sie unterscheidet sich fulminant vom Gewinnmaximierungsgedanken eines idealtypischen Wirtschaftsbetriebes. Diese Grundeinstellung erklärt unsere Beziehung zu unseren Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten.